Die Anfänge der Melker Mineraliensammlung reichen weit in das 18. Jahrhundert zurück. Im Jahre 1767 erwarb das Stift - unter dem damaligen Abt Urban II. Hauer (Amtszeit 1763 – 1785) - die Naturaliensammlung des Trientiner Weltpriesters Josephus (Guiseppe) Gianni. Diese enthielt hauptsächlich Conchylien, d. h. Schnecken und Muscheln, aber auch Mineralien. Der prächtige, handkolorierte Katalog der Conchyliensammlung (siehe Bild unten) mit einer Widmung an den Abt ist mit Wien, 1765 datiert. Leider existiert kein vergleichbares Verzeichnis für die mineralogischen Objekte. Ob die ebenfalls überlassenen Vogel- und Schmetterlingspräparate - der Vogelkatalog stammt bereits aus 1746 und 1747 - in der ersten Lieferung enthalten gewesen sind, ist nicht mehr festzustellen. Ein Jahr später, 1768, verkaufte Gianni seine Münzsammlung und 1782 eine Kollektion wertvoller Gemälde, die heute im Festsaal der Prälatur präsentiert werden (man vgl. den Katalog 900 Jahre Benediktiner in Melk, 1989).

Eine Abbildung des Abtes Urban Hauer (ausgeführt als Schabkunstblatt von J. G. Haid nach C. Kollonitsch) aus dem Jahr 1771 zeigt im Hintergrund des Blattes drei barocke Schaukästen mit verschiedenen Naturalien, großteils Meerestiere. Die damaligen Schränke sind bis heute erhalten geblieben und bewahren, mustergültig restauriert, den historischen Charakter der Mineraliensammlung.

Abbé Andreas Stütz, damals Kanonikus im Stift der regulierten Chorherren zu St. Dorothea in Wien, der sich als erster um eine zusammenfassende Darstellung der Niederösterreichischen Mineralvorkommen bemühte, hatte bereits vor 1777 die Melker Sammlungen gekannt, denn er schrieb in diesem Jahr in den von Ignaz von Born herausgegebenen „Abhandlungen einer Privatgesellschaft in Böhmen“: „Die Abtey selbst, wie sie überhaupt herrlich, und mit allem versehen ist, so mangelt ihr auch eine artige Sammlung aus verschiedenen Theilen der Naturgeschichte nicht. Das Fach der Conchylien ist am besten besetzet. Die Mineralien sind noch nicht systematisch eingerichtet. Das Museum aber, wo alles aufbehalten wird, ist licht, schön, und die Schränke wohl angebracht. Das Pflanzenreich ist, wie überhaupt in allen Stiften Oesterreichs, gar nicht bearbeitet.“
Da diese Arbeit einige Jahre später als eigenständige Publikation erschien (Versuche über die Mineralgeschichte von Oesterreich unter der Enß, 1783), wurde auch das eben genannte Zitat wortident wiederholt.

Die Sammlung war damals in den alten, höhergelegenen Bibliotheksräumen (in den „Bergl-Zimmern“ im 2. Stock der heutigen Bibliothek) untergebracht, die mit Fresken von Johann Bergl (etwa ab 1780) ausgestattet worden waren. Die Wandmalereien beinhalten deutliche Hinweise auf Münzen, Naturalien und naturwissenschaftliche Bücher. Besondere Mineralstufen erhielten wohl gegen Ende des 18. Jahrhunderts bemerkenswerte grüne Sammlungsetiketten mit der Aufschrift „Museum Mellicense“, von denen sich noch manche bis heute erhalten haben.

Der ehemalige Aufstellungsort geht auch deutlich aus jenem Vermerk hervor, den B. F. Hermann 1781 in einem Reisebericht notiert, der erst 1788 veröffentlicht worden ist: „Nahe an der Bibliothek ist eine Naturalienkammer, worin einige Globi, Atlanten, und astronomische Instrumente; dann eine kleine Sammlung von Seegewächsen, und Konchilien, von Vögeln, Schmetterlingen, Hölzern, und eine ganz hübsche Kollektion von Mineralien zu sehen ist. In der letzten sind die Marmore am vollständigsten. Auch sind einige Stücke englischer Feuersteine in derselben, welche ganz vorzüglich groß und schön sind. Nebst dem zeigt man auch eine Sammlung von antiken und modernen Münzen, die zwar nicht vollständig, aber doch auf 2000 Stüke stark ist.“

Nochmals sei Abbé Andreas Stütz zitiert, diesmal aus seinem 1807 posthum erschienenen „Mineralogischen Taschenbuch“: „... und haben den verstorbenen Consistorialrath und Weltpriester Herrn Franz Koller zum Entdecker, einen würdigen Mann, der in den Annalen der österreichischen Naturkunde nicht vergessen werden darf, weil er in Wien beynahe der erste war, der das Studium der Natur aus seinem Nichts emporgehoben, und zum Vehikel dazu die Lust, Sammlungen von Naturalien zu machen, in die Stifter Melk, Seitenstädten, Kremsmünster, und die aufgehobene Montserater Abtey in Wien, zur Ehre des von jeher so nützlichen Benedictiner-Ordens, verbreitet, verschiedene junge Leute, unter die ich mich noch immer mit regem Dankgefühle rechne, belehret, und durch Mineralien- oder Conchylien-Geschenke aufgemuntert hat.“


Stütz erinnert hiermit an den Geistlichen Franz Koller, der ganz offensichtlich zur Sammeltätigkeit im Stift Melk Anregungen gegeben hatte. An anderer Stelle schreibt dann Stütz wieder über die Melker Sammlungen: „In der Abtey selbst, die wie Göttweih von jeher gelehrte und den Wissenschaften geneigte Männer zeugte, findet man auch alle Hülfsmittel, in den Studien empor zu klimmen, eine herrliche Bibliothek, ein gutes Münz-Cabinet, eine ganz artige Conchilien-Sammlung, und nicht unbedeutende Sachen aus dem Mineralreiche, die wohl, seit ich sie sah, nach den neueren Systemen geordnet seyn dürften. Das dazu gewidmete Musäum ist licht, schön, und die Schränke anpassend. Sogar das Pflanzenreich, das sonst in den Stiftern Oesterreichs weniger bearbeitet zu werden pflegt, hat hier Männer, die, besonders die Obst- und Waldcultur betreffend, sehr viel leisten, und einen recht schönen botanischen Garten angelegt, oder vielmehr einen Theil des Stifts- und Prälatengartens umgeschaffen haben. Auch sollen die Melk gehörigen Wälder besser als andere gepfleget seyn.“

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