Die Sammlung im 19. Jahrhundert.
Im „Catalogus Benedictinorum Mellicensium“, der vom jeweiligen Prior des Klosters geführt wird, scheint als Kustos von 1801 bis 1809 P. Hieronymus Ryba auf.
Nach einer Notiz von Konstantin Krumhuber wurde in dieser Zeit auch eine Schulsammlung von St. Pölten nach Melk gebracht: „Laut hohem Hofdekret vom 13./27. v. J. muß von dem aufgelassenen Gymnasio zu St. Pölten die Mineraliensammlung, welche an dieses Gymnasium von dem Domprobsten Müller vermacht worden ist, dem Willen des Stifters gemäß nach Melk übertragen, und dort abgesondert von der Stiftssammlung zum Gebrauche der Gymnasialschule aufbehalten werden, ... (Überbringung einer Mineraliensammlung von St. Pölten nach Melk vom 6. 3. 1806)“
Kurz nach 1800 wurden die Sammlungen bereits in den als Bibliothek des Abtes vorgesehenen Saal - der sich über der Sommersakristei befindet - übersiedelt. Wann genau dies geschah, ist nicht bekannt, doch könnte man einerseits das Jahr 1803 vermuten, denn zu dieser Zeit wurden weitere sieben, zu den vorhandenen Kästen passende Sammlungsschränke angekauft, andererseits nennt der weiter unten zitierte Adalbert Joseph Krickel in seiner 1830/31 publizierten „Fußreise“ ausdrücklich die Jahreszahl 1811.
In der Stiftsbibliothek befindet sich auch eine handschriftliche Beschreibung des Stifts aus der Zeit um 1830. Der Autor konnte bisher noch nicht eruiert werden, auch zum Entstehungsjahr lassen sich nur ungefähre Angaben machen. Darin findet sich jedoch auf Seite 117 ein interessanter Passus über das Mineralien-Kabinett und dem an der Decke befestigten Gemälde:
„In diesem Gange ist ferner der Eingang zum Mineralien-Kabinette. Das Lokale, in welchem diese ansehnliche Sammlung aufbewahret wird, ist ein schöner, geräumiger Saal von 50 Schuh Länge und 23 in der Breite; an deßen Plafond ein schönes Gemählde sich zeiget. Zu unterst auf diesem erblicken wir das alte Stift Melk, mit der auf dem Felsen angemerkten Jahreszahl MDCXXXIII. Über dem Stifte zeigt sich dessen Wappen, und zu beyden Seiten desselben stehen die Patrone des Stiftes Peter und Paul, über welchen Leopold der Heilige und Koloman in Wolken schweben; ganz oben bilden Engel mit Palmenzweigen und Kränzen einen Kreis. Nebst diesem Hauptgemählde schmücken noch mehrere kleine Blumenbouquets die schön Stuckadorte Decke des Saales. Der Saal hatte nach seiner Erbauung die Bestimmung erhalten, als {der} Privatbibliothek des Herrn Prälaten zur Aufbewahrung zu dienen; erst in den neueren Zeiten wurde die ansehnliche Mineralien-Sammlung in diesen Saal gebracht. Diese prächtige und vollständige Sammlung ist genau nach Werners System geordnet, und die herrlichen Schaustücke sind in 8 großen Kästen unter Glas bewahret. In einem anderen Kasten wird eine schöne Conchilien-Sammlung aufbewahret.
Den Hauptgrund zur gegenwärtigen Reichhaltigkeit dieses Kabinettes legte Abt Urban der II. der vom Jahre 1763 bis 1785 regierte – Abt Anton fuhr fort es zu bereichern; und der hochwürdigste Herr Prälat Marian, unter deßen väterlichen Schutze jeder Zweig der Künste und Litteratur in dem Ihm anvertrauten Stifte so herrlich blühet, sorget auch für die Vermehrung dieser herrlichen Sammlung mit maßlosem Streben. Ein vollständige Früchten-Sammlung, aus Wachs der Natur täuschen nachgebildet, verdienet gleichfalls eine würdigende Aufmerksamkeit. Sie sind von den als Wachsarbeiten wohl bekannten Freyherrn von Dubsky verfertigt, und in 2 Kästen aufgestellet.
Noch sind 2 besonders schöne Mosaikbilder beachtenswerth; deren eines einen Adler darstellt, der eine Gans erwürget, aus Achatgattungen zusammengefügt; das andere einen heiligen Hieronymus, und den zu seinen Füssen schlummernden Löwen vorstellet. St. Hieronymus und der Löwe sind von Perlenmutter, die Grotte, der Tisch und alles übrige aus Achat und Jaspis-Gattungen zusammengefügt.“
Sehr ausführlich geht Adalbert Joseph Krickel in den Jahren 1830/1831 in seiner Veröffentlichung „Fußreise durch den größten Theil der österreichischen Staaten ...“ auf die Melker Gegebenheiten und Sammlungen ein: „Der Herr Schatzmeifter stellte mich nun auch dem hochwürdigen Herrn Subprior, einem fleißigen Mineralogen vor. (Anm.: P. Franz Schneider, Kustos von 1823 – 1847*)
Dieser redliche herzensgute Priester trug sich mir gleich an, mich in das Mineralienkabinet zu führen, das so viele ausgezeichnete Schätze besitzt, und als Sammlung den ersten Rang im Kloster behauptet. Was ich hier nun sage, verdanke ich Alles dem gefälligen Herrn Subprior.
„Das hiesige Mineralienkabinet, in dessen Lokale sich zugleich eine kleine Conchilien = und Wachsobstsammlung vom Freyherrn v. Dubsky verfertigt, und vom Freyherrn von Meyenberg hieher zum Geschenke gemacht, befindet, verdankt seine Entstehung dem sel. Abte Reyberger. Ehemahls waren die Mineralien unter andern Naturgegenständen aufgestellt, aber die Vorliebe des besagten Herrn Prälaten, die Schenkungen von Stiftsfreunden, die Vermehrung durch Ankauf machten nun ein eigenes Kabinet dazu nothwendig, welches im J. 1811 dazu eingerichtet wurde. Bis zu dem Tode des Prälaten Reyberger waren die bloß einfachen Mineralien auf ungefähr taufend Stücke angewachsen, und in sechs großen Kästen nach dem Wernerischen Systeme eingetheilt. Der jetzige würdige Herr Prälat, der Alles, was Wissenschaft anbelangt, nach Kräften unterstützt, blieb auch hierin nicht zurück, sondern hat einen eigenen Custos in dem Herrn Subprior (meinem Begleiter) angestellt, und jedes Jahr seit 1819 so viele Auslagen zugestanden, als nothwendig waren. Diese Sammlung besteht nun aus beynahe 3000 Stück ohne die Conchylien. Es befinden sich theils so schöne Schaustücke, theils so seltenen Exemplare in dieser Sammlung, daß wohl Einige hievon Erwähnung verdienen. Im ersten Kasten links, wo das Kieselgeschlecht geordnet ist, zeichnen sich aus: ein sehr großer Amethyst von Schemnitz, ein krystallisirter Turmalin mit seltenen Abstuffungen aus der Gegend von Melk, ein Band Jaspis aus Sibirien, ein Spinell aus Nordamerika, und ein Federopal aus den Faröer-Inseln. Im zweyten Kasten von dem 1/3 Schaustücke aus dem Kiesel=, 1/3 aus dem Thon=, und ein 1/3 aus den Talk=Geschlechte sind, befinden sich als merkwürdig: Amazonensteine aus Sibirien, hübsche Glimmer, besonders eine rosenfarbener aus Brasilien, ein Kryolith aus Grönland, und ein Thulith aus Finnland. Im 3. Kasten fallen dem Beschauer auf: der große Sandspath von Fontainebleau, das Helinitspiel von Antwerpen, eine unendliche Menge von Späthen, zumahl englische Fluß= Schwer= und Coelestinspäthe. Unter den Metallen zeichnet sich besonders ein gediegenes Silber mit langen Zähnen und Dräthen aus, ...
Die Gebirgsartensammlung wird dadurch immer zahlreicher, da Gesteine der Umgegend, so wie auch von den übrigen Gegenden Oesterreichs möglichst gesammelt werden. Möchten Geistliche und Beamte wie z. B. Herr Glaser zu Dürrenstein das Ihrige beitragen, unser Oesterreich geographisch mehr kennen zu lernen, gewiß würden da noch genug ungekannte Schätze gefunden werden! Möchten aber auch nur mehrere mit so viel Eifer und Liebe für die Mineralogie beseelt seyn, wie der schätzbare Herr Subprior, dann würde gewiß auch für Niederösterreich mehr Nutzen als bisher geschöpft worden seyn!“
Wie aus dieser detaillierten Schilderung zu entnehmen ist, hat die Mineraliensammlung bereits im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts eine beträchtliche Erweiterung erfahren! Bemerkenswert scheint auch die zweimalige ausdrückliche Erwähnung des Ordnungssystems nach Abraham Gottlob Werner (1749 – 1817), dem berühmten Freiberger Mineralogen und Neptunisten.
Ab 1851 finden sich durchgehend Hinweise über Ankäufe und Erweiterungen des naturhistorischen Kabinetts in den Jahresberichten des Stiftsgymnasiums, weil wahrscheinlich ab dieser Zeit die Mineraliensammlung des Stiftes auch zu Lehrzwecken verwendet worden ist. Die Kustoden waren meist auch als Biologielehrer am Gymnasium tätig. So wurde 1857 eine eigene kleinere Mineraliensammlung zum „unmittelbaren Behufe“ des Gymnasiums angelegt und im Naturalienkabinett der Schule aufgestellt.
In den Jahren von 1849 bis 1878 ist P. Vinzenz Staufer als Kustos zu nennen, der ab 1852 die Mineraliensammlung nach dem System des berühmten Mineralogen Friedrich Mohs (1773-1839, Mohs’sche Härteskala) geordnet hat. Ab 1853 wird auch von einer „geognostischen“ und anderen Sammlungen sowie einem Herbarium berichtet, dieses ist jedoch leider verloren gegangen.
J. Erber, ein Wiener Händler, hatte 1879 die Umgestaltung des Naturaliencabinet(t)es über. Um den Betrag von 1000 Gulden lieferte er Skelette, Bälge, Spirituspräparate, eine Insektensammlung, ein Sammlung von Mineralien und ein kleines Schulherbar. P. Chrysostomus Zermann notiert: „Erber scheint dabei ein gutes Geschäft gemacht zu haben. Die Stehkasten und Pulte stammen aus der Werkstätte des Wiener Hoftischlermeisters: Paulik.“ P. Chrysostomus listet u. a. diese Mineraliensammlung auf, die aus 384 kleineren Stücken bestanden hat. Es ist kaum zu beurteilen, welche Stücke zu dieser Zeit in die Schulsammlung kamen und welche Stufen in der Stiftssammlung verblieben. Es ist aber höchst fraglich, ob damals diesbezüglich überhaupt unterschieden wurde. Wie aus noch vorliegenden Aufzeichungen und Kustosberichten in den Jahresberichten des Stiftsgymnasiums hervorgeht, sind Ende des 19. Jahrhunderts u. a. folgende Neuerwerbungen zu verzeichnen:
25 sehr instruktive Erzstufen aus den Bergbauen um Siegen als Geschenk von Herrn Grubendirektor P. T. Knopps, 1886 Ferdinand Bär, Gewerke in Gaming, vermachte 1886 dem Stift eine umfangreiche Sammlung, die Erbschaftssteuer dafür betrug gegen 400 fl. (Gulden)! eine kleine Sammlung von Mineralien aus dem Zillertal kam von Herrn Prof. Eduard Katschthaler, 1887
1891 erhielt das Stift eine größere Anzahl von Doubletten (ca. 75) aus dem k . naturhistorischen Hofmuseum(!), darunter war auch ein Meteorit (Fall 1882 bei Mócs in der Nähe von Klausenburg); von Schülern wurden 2 Eisenblüten gespendet, eine davon ein Prachtexemplar
Dr. Ferdinand Katholitzky, Rossitz, 30. November 1891, schenkte 110 Mineralien, 18 Gesteine und eine Anzahl von Fossilien (genannt im Jahresbericht 1892, ebenso Spenden von Prof. Eduard Katschthaler, Herrn Franz Tirmann u. a.)
Alexander Willigens, Domänendirector der österr.- ungar. Staatseisenbahn, übergab 1894 59 Mineralien und 11 Gesteine aus Vaskö und Dognacska im Banat ein Schüler spendete 34 Mineralien aus Eisenerz von Herrn Sprengtechniker F. L. Tirmann gingen einige schöne Mineralien aus Bleiberg, Idria, Raibl und Vaskö in die Stiftssammlung ein aus dem Salzlager von Ischl kamen 40 Mineralien vom Secundaner Franz Stocklassa, (1896 erwähnt)
1898 wurde eine Mineraliensammlung angekauft 74 Mineralien von Eisenerz stammten vom Schüler Franz Gaudernak (erwähnt 1898) Hugo Schöffel stiftete 1898 102 Stück Bau- und Ziergesteine.